Identifizierung und Quantifizierung von Beta-Strahlern zur zerstörungsfreien Charakterisierung radioaktiver Abfälle

Projektleiter: Dr. Thomas Bücherl

Wissenschaftler: Marek Blaszczynski, Dr. Ch. Lierse v. Gostomski

Das Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 15S9245 gefördert.

 

Ein allgemein eingesetztes Verfahren für die zerstörungsfreie Charakterisierung radioaktiver Abfallgebinde ist das segmentierte Gamma-Scanning (Bücherl et al. 1998). Das Gamma-Strahlung emittierende Inventar wird hierbei anhand der charakteristischen Linien im gemessenen Spektrum identifiziert. Die entsprechenden Nettopeakflächen ermöglichen unter Verwendung geeigneter Modelle eine Quantifizierung der Gamma-Aktivitäten (z. B. Martens und Filss 1990).

Die Identifizierung und Quantifizierung von Beta-Strahlern im Abfallgebinde erfordert weitergehende Auswerteverfahren. Einige können über ihre zusätzlich emittierten Gamma-Linien identifiziert und quantifiziert werden, reine Beta-Strahler hingegen tragen zum Gamma-Spektrum nur durch ihr Bremsstrahlung-Spektrum bei.

Es wurde eine Methode zur Identifizierung und Quantifizierung dieser reinen Beta-Strahler in radioaktiven Abfallgebinden entwickelt. Ausgangspunkt der Methode ist die Auswertung des Gamma-Spektrums. Nach Identifikation aller vorhandener Linien im Spektrum (charakteristische Gamma-Linien, Single- und Double Escape-Linien, Röntgen-Linien, Annihilations-Peaks etc.) werden diese Informationen zusammen mit Kalibrationsdaten des Detektorsystems und weiteren Informationen zur Abfallmatrix, zu Wirkungsquerschnittsdaten aus Datenbanken etc. genutzt um das Spektrum ohne Bremsstrahlung-Anteil mittels geeigneter Methoden zu simulieren. Dies kann mit Monte-Carlo Simulationen, oder wie im Vorhaben genutzt, mittels Computerprogrammen, welche die mathematische Beschreibungen der physikalischen Vorgänge wie Photoeffekt, (Mehrfach-) Compton-Streuung, Rückstreuung etc. und die Schwächung durch die Abfallmatrix etc. berücksichtigt . Subtraktion des simulierten vom gemessenen Spektrum liefert die im gemessenen Gamma-Spektrum enthaltenen Bremsstrahlung-Anteile. Für die weitere Auswertung werden vorab unter Verwendung der Bethe-Heitler-Formel (Bethe und Heitler 1934) berechnete und gespeicherte Bremsstrahlung-Spektren für eine Vielzahl an Beta-Strahlern, eingebettet in unterschiedlichen Matrizes, genutzt. Bei Bedarf kann diese Datensammlung um zusätzliche Beta-Strahler und Matrizes erweitert werden. Der Vergleich dieser berechneten Bremsstrahlungs-Spektren mit dem abgeleiteten Bremsstrahlung-Anteil durch lineare Optimierung mittels generalisierter reduzierter Gradienten Methode (Lasdon, Leon, S. et al. 1974) ermöglicht die Identifizierung des Beta-Strahlers sowie über den ermittelten Proportionalitätsfaktor seine Quantifizierung. Für letzteres ist eine entsprechende Kalibration vorab auszuführen.

Die Anwendbarkeit der Methode wurde an 200-l Kalibrationsgebinden sowie an einem realen Abfallgebinde demonstriert.

 

Referenzen

Bücherl, T.; Kaciniel, E.; Lierse von Gostomski, Ch. (1998): Synopsis of Gamma Scanning Systems.

Report WG-A-01. ENTRAP. Online verfügbar unter www.en-trap.eu/doc/gammasynopsis.pdf, zuletzt geprüft am 12.03.2019.

Lasdon, Leon, S.; Fox, Richard, L.; Ratner, Margery, W. (1974): Nonlinear optimization using the generalized reduced gradient method. In:

Revue française d’automatique, informatique, recherche opérationnelle. 8 (3), S. 73–103. Online verfügbar unter www.numdam.org/item/RO_1974__8_3_73_0/, zuletzt geprüft am 25.06.2019.

Martens, B. R.; Filss, P. (1990): Determination of the radionuclide inventory for waste packages using gamma-ray-detectors of low beam widths. Hg. v. P. (Ed.) Bernard. Commission of the European Communities (CEC) (EUR--12890), zuletzt geprüft am 26.08.2019.