Charakterisierung radioaktiver Behälter und Objekte im Rahmen der Produktkontrolle radioaktiver Abfälle und der nuklearspezifischen Gefahrenabwehr
Projektleiter: Dr. Thomas Bücherl
Wissenschaftler: Dipl. Phys. Marek Blaszczynski
Gefördert vom Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit (StMUG);
Die Radiochemie München RCM der Technischen Universität München befasst sich schon seit vielen Jahren mit der zerstörungsfreien und der zerstörenden Charakterisierung von radioaktiven Materialien und Objekten sowie von Behältern, in denen solche enthalten sind.
Mit finanzieller Unterstützung durch das bayerische Umweltministerium (früher StMLU, dann StMUGV, jetzt StMUG) wurde seit Ende der 80er-Jahre ein umfangreiches und leistungsfähiges Instrumentarium an Einrichtungen aufgebaut und u. a. im Rahmen einer Kooperation mit dem TÜV SÜD auf dem Gebiet der Produktkontrolle radioaktiver Abfälle erfolgreich in Bayern eingesetzt. Auch im Bereich der nuklearspezifischen Gefahrenabwehr (NGA) war RCM an verschiedenen Vorfällen in Bayern messtechnisch und radioanalytisch beteiligt. Auf Bundesebene besteht über das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) eine Zusammenarbeit mit der Zentralen Unterstützungsgruppe des Bundes (ZUB).
Um den vielfältigen Aufgaben und Fragestellungen begegnen zu können, sind wissenschaftlich- technisches Know-how ebenso erforderlich wie ein leistungsfähiges und modernes messtechnisches und radioanalytisches Equipment. Die bisherige Erfahrung zeigt, dass es von entscheidender Bedeutung ist, Personal und Messtechnik ständig auf dem Stand von Wissenschaft und Technik zu halten und kontinuierlich im praktischen Einsatz zu haben, der sowohl stationär als auch mobil erfolgen kann.
Dies kann aufgrund der notwendigen, kostenintensiven Ressourcen nur gelingen, wenn nicht ein einzelnes Aufgabengebiet, z. B. die Produktkontrolle, verfolgt und bearbeitet wird, sondern wenn ein optimierter Einsatz des gesamten Instrumentariums und des hoch spezialisierten Personals auf allen Gebieten erfolgt.
Ertüchtigung der stationären Messtechnik
Ziel der Arbeiten ist, die von RCM betreuten und betriebenen stationären Messsysteme zur zerstörungsfreien Charakterisierung großvolumiger Objekte mit radioaktivem Inventar zu ertüchtigen. Hierbei handelt es sich im Einzelnen um
- das integrierte Tomographie-System (ITS) und
- den mobilen Gamma-Scanner (MGS).
Mobiler Gamma Scanner (MGS)
Beide Messsysteme wurden im Rahmen von Vorhaben, welche vom StMUG gefördert wurden, bei RCM entwickelt, installiert und getestet. Ihr Einsatz ist inzwischen bei der Produktkontrolle radioaktiver Abfälle in Bayern zur Routine geworden.
Der jahrelange Betrieb führte naturgemäß zu einem Verschleiß vieler Komponenten, die im Rahmen des Vorhabens ersetzt bzw. durch neue Komponenten, die dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen, modernisiert werden. Durch diese Maßnahmen wird gleichzeitig der zunehmenden Problematik der Ersatzteilbeschaffung vorgebeugt. Des Weiteren soll die zugehörige Dokumentation nachgezogen werden. Dies erscheint vor allem im Hinblick auf Wartungsarbeiten und ggf. erforderliche Reparaturen durch RCM erforderlich.
Zusätzlich werden umfangreiche Testmessungen durchgeführt, um die Systemparameter sowie die Performance der beiden Messsysteme nach den Modifikationen neu zu bestimmen. Anhand der dabei erhaltenen Ergebnisse werden Möglichkeiten für die Optimierungen der Messprogramme erarbeitet und realisiert. Diese Messungen dienen gleichzeitig der Erhaltung und Erweiterung des Know-hows des wissenschaftlich-technischen Personals, was vorzugsweise mittels Aufgabenstellungen erfolgt, die außerhalb des routinemäßigen Tätigkeitsbereiches liegen.
Erkennen und Korrigieren von Abschirmungen beim mobilen Einsatz
Für Aufgaben, bei denen die Quantifizierung von radioaktiven Stoffen hinter unbekannten Abschirmungen durch Gamma-spektrometrische Messung erfolgen soll - und das ist in der Praxis der Normalfall -, stehen allgemein nur unzureichende Methoden für die Identifizierung des abschirmenden Materials und der Strahlschwächungskorrektur zur Verfügung.
Techniken, wie sie beim stationären Einsatz mittels Digitaler Radiographie (DR) und Transmissions- Computer-Tomographie (TCT) eingesetzt werden können, stehen bei mobilen Messungen meist nicht zur Verfügung. Im Rahmen des Projektes werden die nachfolgenden Techniken instrumentiert und erprobt:
· Identifizierung von Abschirmmaterial durch einen tragbaren Röntgen-Fluoreszenz-Analysator, wie er beispielsweise auch auf Metall-Verwertungsplätzen eingesetzt wird.
· Dickenbestimmung des Abschirmmaterials durch Ultraschall-Messung (tragbares Gerät bei RCM vorhanden).
· Radiographie mittels tragbarer, gepulster und Batterie-betriebener Röntgen-Quelle und Datenaufnahme durch Speicherplatten (Image-Plates), welche ein digitales Auswerten durch einen Laser-Trommel-Scanner ermöglichen.
· Simulation von Gamma-Spektren mit unterschiedlichsten Detektor-Materialien und
· Abmessungen hinter definierten Abschirmungen mit Hilfe einer beim Europäischen Institut für Transurane neu entwickelten Software.
Ertüchtigung der mobilen Messtechnik
Ziel des Vorhabens ist es, die messtechnischen Möglichkeiten für einen schnellen, mobilen Einsatz zu verbessern. RCM ist mit seinem Equipment vor allem auf den stationären Einsatz spezialisiert. Die äußerst leistungsfähigen Verfahren der Digitalen Radiographie (DR) und der Transmissions-Computer-Tomographie (TCT) eignen sich aufgrund technischer Randbedingungen nicht für einen mobilen Einsatz.
Die vorhandenen Systeme zum segmentierten Gamma-Scanning sind prinzipiell mobil, benötigen bei einem Einsatz aber eine Vorlaufzeit von mehreren Tagen für den Transport. Nur der so genannte U/Pu-Inspector, ein kleiner und tragbarer Reinstgermanium-Detektor, mit welchem die Kernmaterialien Uran und Plutonium zerstörungsfrei hinsichtlich ihrer Isotopenzusammensetzung untersucht werden können, ist mobil und sofort einsatzbereit, wenn er kontinuierlich mit flüssigem Stickstoff gekühlt wird. Er ist allerdings für eine Bestimmung anderer Radionuklide nur bedingt einsetzbar.
Um zukünftig eine schnelle, mobile und einen weiten Anwendungsbereich abdeckende Einsatzfähigkeit zu ermöglichen, sollen folgende Systeme instrumentiert und erprobt werden:
· Einfacher, mobiler Gamma-Scanner mit elektrisch gekühltem, Batterie-betriebenen Germanium-Detektor zur Untersuchung von Objekten bis zu einer Masse von 1.000 kg in der so genannten offenen Geometrie, d. h. ohne Kollimator aber mit Drehteller; zusätzliche Aufrüstung mittels Neutronen-Sonde und Gamma-ODL-Messgerät.
Tragbares, leichtes, Batterie-betriebenes Gerät zum Aufspüren von Gamma- und Neutronen-Strahlung mit einfacher Spektrometrie-Funktion, vorzugsweise auf Basis moderner Detektor-Materialien (LaBr3, CdZnTe).